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„Schlagabtausch“ mit Minister Aiwanger


Seit Januar 2024 ist die BI im Austausch mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium.

Daraufhin haben wir im Juni einen Gesprächstermin bei Wirtschaftsminister Aiwanger bekommen. In einem einstündigen Gespräch konnten wir dem Minister und seinem Team, all die negativen Auswirkungen des geplanten Logistikparks erläutern, die wir auch mit Zahlen, Daten und Fakten belegt haben.

Minister Aiwanger hat  sich nun mit „eigenwilligen“ Argumenten, ohne Wenn und Aber, auf die Seite der Projektentwickler Amazon und Panattoni gestellt. Fazit der BI: Minister Aiwanger unterstützt die Pläne internationaler Globalplayer, ohne Rücksicht auf die nachteiligen Auswirkungen für die regionale Wirtschaft, die Bevölkerung und Natur.

Auf die Argumente des Ministers haben wir ein entsprechendes Antwortschreiben verfasst.

Die Vorstandschaft hat beschlossen, das Antwortscheiben auf die Homepage zu stellen,

bei Interesse bitte lesen.

_______________________________________________________________________________


 

Herrn

Hubert Aiwanger

Bayerischer Staatsminister 

für Wirtschaft, Landentwicklung und Energie

Prinzregentenstraße 28

 

80538 München                                                                             Abensberg, 3. Oktober 2024

 

 

Ihr Schreiben vom 23. August 2024

(Brandbrief zum geplanten Logistikpark Stocka in der Marktgemeinde Rohr i. NB)

 

Sehr geehrter Herr Staatsminister Aiwanger,

 

über 50 Unternehmer aus der Region haben Sie um Unterstützung gegen diese Ansiedlung gebeten. Bis heute warten die Unternehmer auf eine Antwort von Ihnen.

Der Brandbrief war von den Firmen, wir von der BI waren nur die Überbringer.

Daher sind die Firmen der richtige Ansprechpartner für Ihre Antwort.

Seit ca. zwei Jahren haben wir uns mir größter Gründlichkeit mit den Auswirkungen

befasst viele hundert Stunden recherchiert und analysiert.

Daher erlauben wir uns folgende Antwort:

Ihr Antwortschreiben an die BI-A, das Sie persönlich unterschrieben haben und damit für den Inhalt verantwortlich sind, zeigt, dass Sie sich nur oberflächlich mit der wirtschaftlichen Situation im Landkreis Kelheim - ihrem Nachbarlandkreis - und den umliegenden Landkreisen beschäftigt haben.

Inhaltlich werden Ortsnamen fehlerhaft übernommen, falsche Zahlen genannt, Vergleiche mit anderen Amazon Standorten mangelhaft betrachtet und im Verlauf des Schreibens widersprüchliche Aussagen gebracht.

 

Ihre Antworten auf die Sorgen und Ängste der einheimischen Unternehmen zeigen deutlich, dass Ihnen das Wohl und die Wirtschaftskraft der Heimat Bayern weniger wichtig ist als ein amerikanischer Globalplayer, der ausschließlich seine eigene Gewinnmaximierung in USA als Ziel hat.Im Folgenden haben wir Ihre Kernaussagen (hier Zitate genannt) in kursiver Schrift wiedergegeben und kommentiert.

 

-1-

Zitat aus Ihrem Schreiben:

„Ich erkenne Ihre Sorge um die Region an, sehe Ihre Befürchtungen aber als

zu weitgehend und einseitig, während Sie die Chance durch zusätzliche Arbeitsplätze für die Bürger der Region ausblenden.“

 

Die Chance für die Bürger der Region sehen wir nicht! Vielmehr ist die Angst der Unternehmer enorm, bei Abwanderungen von Hilfs- und Fachkräften aus der Industrie, dem Handwerk, in der Gastronomie, in den Supermärkten und den Pflegediensten, den Verpflichtungen nicht mehr nachkommen zu können und deshalb den Betrieb schließen müssen!

 

Zitat aus Ihrem Schreiben:

„Aus den Erfahrungen der beiden bayerischen Amazon-Logistikzentren in

Graben und Hof-Gattenbach lässt sich feststellen, dass der Arbeitskräftebe-

darf in einem Logistikzentrum während des regulären Betriebs bei ca. 1.500

Mitarbeitern liegt. Zusammen mit der weiteren Logistikentwicklung durch Pa-

nattoni werden es insgesamt ca. 1.800 Mitarbeiter am Standort in Stocka

sein.“

Der Vergleich mit den Standorten Hof-Gattendorf und Graben bei Augsburg ist zwar zulässig und muss aber vollumfänglich betrachtet werden. Wenn Sie schon Standortvergleiche anstellen, dann sollten wenigstens die Ortsnamen korrekt sein!

Der Arbeitskräftebedarf im Logistikzentrum Stocka ist mit 2990 Mitarbeitern nach offiziellen Zahlen von Amazon/Panattoni aus der Vorhabenbeschreibung vom 29.02.2024

deutlich höher als in Hof-Gattendorf und Graben mit jeweils 1900 Beschäftigten.

Zitat aus Ihrem Schreiben:„Seinen Mitarbeiterbedarf konnte Amazon an den bisherigen Standorten größtenteils aus der Umgebung decken, ein massenhafter Zuzug blieb da-

gegen aus.“- Der Landkreis Kelheim befindet sich mitten im strukturstarken Industriedreieck Ingolstadt – Regensburg – München und hat eine Arbeitslosenquote von 3,2% (Stand August 2024).


In den angrenzenden Landkreisen Regensburg, Landshut, Freising, Pfaffenhofen, Eichstätt und Ingolstadt ist die Arbeitslosenquote in ähnlich niedriger Dimension.

Die Hauptarbeitgeber in diesem Umfeld mit der Automobilindustrie und deren Zulieferer, dürfte Ihnen als Wirtschaftsminister bekannt sein. Auch die überdurchschnittlichen Gehälter in dieser Branche werden niemanden bewegen, für Mindestlohn bei Amazon anzuheuern.- Der Landkreis Hof kann im weiteren Umfeld keine nennenswerte Großindustrie vorweisen. Die Arbeitslosenquote im LK Hof (4,1%) und den umliegenden Landkreisen Vogtlandkreis (5,8%), Saale-Orla-Kreis (5,4%) und Wunsiedel (5,4%) ist deutlich höher als im direkten Vergleich mit den Landkreisen rund um Rohr i. NB. Das Arbeitskräftepotential für Amazon ist somit erklärbar.

-2-

Der Landkreis Augsburg mit 84.020 und Stadt Augsburg mit 149.952 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten bietet mehr als das fünffache Arbeitskräftepotential als der Landkreis Kelheim (42.180). Die Arbeitslosenquote im LK Augsburg ist mit 3,2% ähnlich niedrig wie im Landkreis Kelheim, allerdings weist die Stadt Augsburg eine Quote von 6,4% aus. Die Absolutzahl von 15.896 Arbeitslosen im LK Augsburg und Augsburg/Stadt zusammen ist um das 6,7fache höher als im Landkreis Kelheim. (Quelle: Bundesagentur für Arbeit – Stand Aug. 2024)Dieser Vergleich zeigt, dass bezogen auf das erforderliche Arbeitskräftepotential die Standorte Gattendorf und Graben vollkommen andere Voraussetzungen bieten als der Markt Rohr i. NB.Zitat aus Ihrem Schreiben:„Aktuell weist die Bundesagentur für Arbeit allein für die Region Landkreis

Kelheim (Stand: Juni 2024) 2.810 Menschen aus, die sich bereits in Unter-

beschäftigung befinden (Arbeitslos/Qualifizierungsmaßnahmen). Vor allem

junge und unqualifizierte Arbeitnehmer tun sich schwer, eine geeignete An-

stellung zu finden.“

 

Aus dem „Arbeitsmarktreport-kelheim.pdf, Seite 9“ werden für August 2024 insgesamt 2367 Arbeitslose gemeldet. Der Anteil junger Arbeitskräfte (15 bis unter 25 Jahre) beschränkt sich auf 361 (SGB II: 165 ; SGB III:196).  Wie viele das Arbeitsangebot bei Amazon als Chance sehen, bleibt abzuwarten! Defacto wird das Potential niemals ausreichen, den Betrieb im Logistikzentrum aufzunehmen.Wenn Sie schon Zahlen der Bundesagentur für Arbeit in Ihrer Antwort heranziehen und Behauptungen hinsichtlich „junger und unqualifizierter Arbeitnehmer“ aufstellen, dann bitte vollumfänglich unter Berücksichtigung der gesamten Statistik, die die Arbeitsagentur monatlich zur Verfügung stellt.

Zitat aus Ihrem Schreiben:„Dabei zeigt auch die hohe Auspendlerzahl von täglich über

26.000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern ein durchaus vorhan-

denes Arbeitskräftepotential in der näheren Umgebung des Landkreises Kel-

heim.“

 

Wie oben bereits beschrieben, befindet sich der Landkreis Kelheim im strukturstarken Industriedreieck mit sehr gut bezahlten Jobs im beschriebenen Umfeld.Deshalb ist es nachvollziehbar, dass die Auspendler (27.065) deutlich höher sind als die Einpendler (12.809).Vergleicht man die Standorte Gattendorf – Graben – Rohr miteinander, ist folgendes festzustellen:Die Anzahl der Auspendler steigt im 10 Jahresvergleich bei allen Standorten minimal.Die Anzahl der Einpendler hingegen verzehnfacht sich mit der Inbetriebnahme der Amazon-Logistikzentren. (Quelle: Pendleratlas.de, abgerufen am 23.09.2024).

 

-3-

Konkrete Einpendlerzahlen aus der Pendlerstatistik:

 

2013

2023

Gattendorf

223

2802

Graben

2

3458

In den offiziellen Pendlerzahlen der Bundesagentur für Arbeit wird der Mitarbeiterbedarf der Logistikzentren Gattendorf und Graben ausschließlich durch Einpendler sichergestellt.Es ist somit zu erwarten, dass die Anzahl der Einpendler im Markt Rohr i. NB mit dem Betrieb des Logistikzentrums von heute 646 auf ca. 3500 steigen wird. Wobei immer noch die Frage offen bleibt, woher diese Einpendler kommen sollen und mit welchen Verkehrsmitteln diese Menschen zur Arbeit kommen.Die dazu erforderliche Infrastruktur (ÖPNV) steht im Landkreis und darüber hinaus nicht zur Verfügung.

 

Zitat aus Ihrem Schreiben:

„Eine hohe Abwanderung von qualifizierten Facharbeitern bei den einheimischen Unternehmen dürfte angesichts des beschriebenen Arbeitskräftebedarfs

von Amazon eher nicht zu erwarten sein.“

Diese Aussage suggeriert, dass bei Amazon keine qualifizierten Arbeitskräfte benötigt werden. Jedes Unternehmen benötigt qualifizierte Fachkräfte. Auch ein Logistikzentrum!Ein Unternehmen dieser Größenordnung hat in der Regel mehrere Bereiche, die mit Personal ausgestattet werden müssen. Gerade in den Bereichen Personalwesen, techn. Betreuung der Anlagen, Einkauf, Vertrieb, Logistiksteuerung, Notversorgung für erste Hilfe, Büroorganisation, Betriebsrat… werden Fachkräfte benötigt. Zusätzlich sind Führungskräfte und Schichtführer für die hohe Anzahl an Beschäftigten erforderlich.

Für diese Tätigkeiten sind erfahrene Mitarbeiter erforderlich, die in unseren einheimischen Firmen durchaus zu finden sind. Wenn nur ein Bruchteil davon abwandert, haben unsere Bestandsfirmen ein sehr großes Problem.

 

Zitat aus Ihrem Schreiben:

„Der Bedarf an Logistikdienstleistungen ist bereits jetzt schon hoch und wird

aufgrund des Konsumverhaltens der Bürgerinnen und Bürger in Zukunft weiter ansteigen.“

 

Diese Tatsache rechtfertigt nicht, dass das Wirtschaftsministerium einen amerikanischen Globalplayer bei seiner Gewinnmaximierung unterstützt und im Gegenzug in Kauf nimmt, dass die heimische Wirtschaft ausblutet und die Innenstädte weiter „veröden“. Bis heute hat noch jeder Amazon-Kunde seine Bestellung fristgerecht bekommen. Daran wird sich auch nichts ändern. Die Logistikansiedlung in Stocka braucht die Region definitiv nicht.

-4-

Zitat aus Ihrem Schreiben:

„Die geplante Logistikansiedlung im Markt Rohr schafft lokale

Arbeitsplätze mit unterschiedlichen Qualifizierungsstufen sowie zusätzliche

Wertschöpfung in der Region und würde damit zu positiven Effekten führen.“

 

Diese Schlussaussage steht im Widerspruch zu Ihrer Aussage, Amazon braucht keine qualifizierten Arbeitskräfte und eine Abwanderung ist nicht zu erwarten!Welche Wertschöpfung in der Region und welche positiven Effekte diese Ansiedlung haben soll, werden von Ihnen nicht weiter erläutert. Die Frage ist: warum?

Sehr geehrter Herr Aiwanger,

in unserer Kommentierung Ihrer Aussagen sprechen wir nicht von „was passieren könnte“, sondern zeigen Ihnen anhand von offiziellen Zahlen der Arbeitsagentur, wie die Situation an den jeweiligen Standorten faktisch vorliegt.

Die Voraussetzungen sind für den Standort Stocka (Rohr i. NB) nicht ansatzweise gegeben.

Deshalb fordern wir nachmals und weiterhin:

 

Stoppen Sie diesen Irrwitz, zerstören Sie nicht die heimische Wirtschaft und die Region, in der auch Sie leben!

 

 

 

 

 

Hochachtungsvoll

 

 

 

 

 

Roland Weiß                     Jürgen Thaus                 Hubert Hietl

1. Vorsitzender                 2. Vorsitzender.             Vorstandsmitglied

 

 

 

 

 

 

 

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